Der 4. Juli ist der Tag, wenn meine Familie den Grill mit roten, weißen und blauen Farben geschmückt hat, wir das Feuerwerk anschauten und uns mit der Geschichte unseres Landes beschäftigten. Aber am 21. Juni 2012 hatte ich die einmalige Gelegenheit, den grönländischen Nationalfeiertag aus erster Hand mitzuerleben, mit seiner Tradition, sich mit einer Kultur auseinanderzusetzen, die so anders ist als meine eigene.
Ich wachte auf während dem, das man normalerweise das Morgengrauen nennt, hätte nicht die Mitternachtssonne schon hoch am Himmel gestanden an diesem längsten Tag des Jahres. Ich ging von meiner Wohnung zum Stadtzentrum in Nuuk, der Hauptstadt Grönlands.
Auf der Straße strömten die Menschen zu den Bushaltestellen oder stiegen in ihre Autos und schoben sich langsam in Richtung Stadtzentrum voran, wo sich schon Tausende versammelt hatten. In den Straßen waren die Häuser mit grönländischen und dänischen Flaggen geschmückt und schufen so ein Meer in rot und weiß.
„Am 21. Juni 2012 hatte ich die einmalige Gelegenheit, den grönländischen Nationalfeiertag aus erster Hand mitzuerleben.“
Continues further down the page...
Eine kleine Kapelle begann zu spielen und führte den Umzug von der Lichtung an der Hauptstraße bis zum Hafen an, gefolgt von vielen Leute in den Volkstrachten der Ost- und der Westküste. Die schönen Trachten aus Robbenfell und mit bunten Glasperlen verziert vermischten sich mit Menschen in moderner Kleidung. Während die einen jubelnd und mit wehenden Fahnen der Musik stadteinwärts folgten, schlossen sich die Menschen am Straßenrand dem Umzug nach und nach an.
Sobald der Umzug den Hafen erreicht hatte, verteilten die Teilnehmer sich um das Podium, von dem aus die politischen Führer Reden auf grönländisch und dänisch hielten und ein Chor festliche Lieder sang. Obwohl ich nur wenig dänisch und gar kein grönländisch verstand, empfand ich die Atmosphäre als sehr gemütlich und einladend, und ich fühlte mich während der Festlichkeiten zu keiner Zeit als Ausländer fehl am Platz.
Nachdem der Chor geendet hatte und die Kanonenschüsse verhallt waren, welche die bösen Geister aus den Köpfen der Leute in der Menge vertreiben sollten (einige Kajakfahrer, die sich entschlossen hatten, die bessere Aussicht auf das Fest von Wasser aus zu nutzen, sahen dabei aus, als wollten sie jeden Moment ins Meer springen), bewegte sich die Menge zurück in Richtung Stadt.
Ein großer Teil der Teilnehmer spaltete sich unterwegs ab, um einen Gottesdienst in der Kirche zu besuchen. Die Stadtverwaltung hatte Tische und Stühle aufgestellt, und es gab Tische mit Kaffee, Tee, Brot, Käse und Butter für alle. Die Menschen gingen zum Frühstück und schüttelten auch Fremden mit einem robusten „Herzlichen Glückwunsch“ die Hände.
Während die Menschen aufbrachen, um ins Museum oder und verschiedenen Kaffeetafeln, die in Grönland Kaffemik heißen, und anderen Veranstaltungen zu gehen, bemerkte ich eine riesige Menschenmenge rund um das Feld in der Nähe der City Hall. Als ich näher kam, wurde mir klar, dass es um ein Fußballspiel zwischen zwei älteren Mannschaften ging – eine lokale Mannschaft und eine Elf der Alzheimer-Gesellschaft spielten gegeneinander. Jedes Mal, wenn ein Ball gepasst oder geflankt wurde oder eine Aktivität auf dem Spielfeld stattfand, jubelten die Zuschauer auf den benachbarten Gebäuden und rund um das Spielfeld. Sobald das Spiel beendet war, folgte ich dem Klang fröhlicher Musik zu einer nahe gelegenen Kreuzung, wo lokale Musiker Gitarre spielten und die Menschen auf der Straße unter der Sommersonne tanzten. Und ich folgte den Düften und Klängen der verschiedenen Shows und Events, der an diesem warmen Tag über der Stadt schwebte.
Während ich lange auf einer Bank saß beobachtete, wie Freunde zu ihren Häusern zurückkehrten und ein Feuerwerk über dem Wasser gezündet wurde, dachte ich darüber nach, wie ein Land, das in erster Linie für seine Kälte bekannt ist, eine so warme und einladende Kultur und Atmosphäre entwickeln konnte – und wie glücklich ich mich schätzen durfte, dies aus erster Hand erlebt zu haben.