Es ist nur 20 Jahre her, dass die Felle der grönländischen Moschusochsen als komplett nutzlos angesehen und als Müll verbrannt wurden. Die damaligen Jäger erkannten nicht, wie sie eine Ressource wegwarfen, die durch Verarbeitung noch zum grönländischen Gold werden sollte: die Wolle des Moschusochsen.
Die Wolle wird dafür gerühmt, weicher als Kaschmir zu sein und im Gewichtsverhältnis besser zu wärmen.
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Die graubraune Moschuswolle oder auch Qiviut, wie sie in Nordamerika oft genannt wird, wird als eine der wertvollsten Fasern der Welt angesehen. Sie wird dafür gerühmt, weicher als Kaschmir zu sein und im Gewichtsverhältnis besser zu wärmen.
Es brauchte eine Grönländerin mit einer Vision, nämlich Anita Høegh, um zu erkennen, dass die inneren Schichten des Moschusochsenfells ein kleines Vermögen wert waren, wenn man sie nur richtig behandelte. Als Erste nutzte sie diese bis dato verschwendete Ressource und spann sie zu Gold – in Form von Moschuswolle.
„Die Moschusochsen kommen ursprünglich nicht aus Westgrönland, weshalb die Jagd auf sie nicht zu den traditionellen Jagdmethoden zählt. Später gab es dann eine Jagdquote von 300 Moschusochsen in der Region um Kangerlussuaq, wo die Tiere angesiedelt wurden und sich schnell vermehrten. Da das ganz neu war, wussten die Menschen nicht, wie sie dieses Tier nutzen sollten – so nahmen sie das Fleisch und verbrannten die Häute”, erklärt Høegh.
Seitdem Anita die Technik der Fellverarbeitung studierte, hat sich das geändert.
„Die Häute bringen den Jägern nun ein gutes Nebeneinkommen – doch zunächst mussten wir herausfinden, wie das funktionieren könnte”, sagt Høegh.
Anita hatte schon 10 Jahre lang im Tourismussektor in Kangerlussuaq gearbeitet, als sie herausfand, dass die Produktion von Moschuswolle die Gemeinde während der touristisch ruhigeren Wintermonate unterstützen könnte. Also erlernte sie das Spinnen und nutzte dieses Wissen um zu erproben, wie sie Moschuswolle produzieren konnte.
„Die erste Herausforderung stellt sich beim Einkaufen der Häute, die man von den Jägern während der zweimonatigen Jagdsaison erwirbt. Es gibt nur sehr wenig Rohmaterial, weshalb die Konkurrenz groß ist.”
„Danach mussten wir die richtige Temperatur für den Trocknungsprozess der Häute ausrechnen und dann das dicke Haar von der inneren Wolle trennen. Das ist ein langer, stinkender Prozess, bei dem die Perfektionierung einige Zeit in Anspruch nimmt”, erklärt Anita und führt fort: „Ich musste das erforschen und bekam dafür Hilfe von einem Freund in Edmonton in Kanada, bevor wir das erfolgreich tun konnten. Heute wissen wir sehr viel mehr darüber.”
Mittlerweile ist Moschuswolle ein leichter erhältliches Material in Grönland, das aber aufgrund der Qualität teuer bleibt. Andere Unternehmen bieten das Produkt nun auch an, aber Høegh dominiert den Markt mit ihren Premiumprodukten aus hundertprozentiger Moschuswolle. Heute lebt sie in Sisimiut, wo sie ein Flagship-Store aufgebaut hat, das passenderweise den Namen ,Qiviut’ trägt. Hier werden vor Ort gefangene Robbenfelle und Produkte aus Moschuswolle verkauft. Außerdem hat sie ihr Unternehmen nach Nuuk erweitert, hat aber keine weiteren, konkreten Pläne für Geschäftseröffnungen.
„Wir müssen sichergehen, dass unsere kleine Produktion der Nachfrage gerecht wird. Wir wollen aber nur höchste Qualität anbieten. Die gesamte Produktion muss in Grönland stattfinden”, sagt Høegh entschlossen.
Qiviut hat damit begonnen, einige Workshops für größere Touristengruppen in Sisimiut zu organisieren, um die Geschichte von der Entstehung der Moschuswolle zu erzählen. Und es scheint so, dass die nun über die Feinheiten der Entwicklung von Qiviut unterrichteten Touristen auch bereit sind, die hohen Preise für das Premiummaterial zu bezahlen. Schließlich ist es sein Gewicht in Gold wert.
Weitere Informationen finden Sie hier: www.qiviutonline.com