Das Nuuk Nordisk Kulturfestival hat einen neuen Namen: Suialaa Arts Festival.
Weitere Informationen finden Sie auf der Facebook-Seite des Suialaa Arts Festival.
Musik strömt schon weit länger durch die Adern der Erde, als wir es uns vorstellen können. Sie pulsiert in unseren Seelen, durchdringt die Luft, die wir atmen, und schafft Rhythmen, wo scheinbar allein das Chaos herrscht. Sie definiert uns als Menschen. Sie formt unsere Kultur und unser Dasein als Volk. Letztendlich vereint sie uns in einer freundschaftlichen Umarmung, die keiner Worte bedarf.
An einem solch mystischen Ort wie den Ländern im hohen Norden, wo Mythen und Legenden die Geschichte selbst oft bedeutungslos erscheinen lassen, ist Musik eine Lebensart, die dazu beiträgt, dass die nordischen Völker ihre Unterschiede vergessen und auf eine Zukunft hinarbeiten, die von kreativer Zusammenarbeit geprägt ist. Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde das Nuuk Nordisk Kulturfestival ins Leben gerufen. Es verfolgte den Zweck, die kreative Energie des Nordens zu nutzen und die Musik der nordischen Regionen auf solche Weise zusammenzubringen, dass sie auch dem Rest der Welt zugänglich wird. Dieses Festival findet nun alle zwei Jahre in der grönländischen Hauptstadt Nuuk statt.
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An der diesjährigen Veranstaltung nahmen über 200 Künstler teil, die an 50 verschiedenen Orten überall in der Stadt auftraten – vom Flughafen über das Kulturzentrum Katuaq und das Museum für Geschichte bis hin zur städtischen Bank. Alle denkbaren Musikrichtungen waren bei den Darbietungen vertreten: regionale und internationale Chöre und Folk-Musik, Runengesang, Kehlkopfgesang, Hip-Hop, Elektro, Pop und sogar eine gesunde Prise Alternative Metal. Unabhängig vom Genre vermittelte die zweite Auflage des Festivals eine grundlegende Botschaft: Wenn wir uns der Musik hingeben, uns gemeinsam im Rhythmus bewegen oder laut und ohne Angst unsere Stimmen erklingen lassen, haben wir die Macht, all die unsichtbaren Schranken, die zwischen uns stehen, niederzureißen und auf einer tiefgründigen, verständnisvollen und toleranten Ebene zusammenzufinden.
Dieses Jahr erfreute sich das Festival einer vielfältigen Teilnahme von Künstlern aus Grönland, Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Tief beeindruckt und inspiriert von der rauen arktischen Landschaft kam es im Laufe der Woche zu mehreren Kooperationen, in deren Rahmen neue und faszinierende, bislang nie gehörte Klänge entstanden.
Einer der Höhepunkte des Festivals war die gefeierte norwegische Gruppe Sturle Dagsland. Die Musiker schufen eine ausdrucksvolle und beständig wechselnde Klanglandschaft, ein wahres Feuerwerk an visueller und musikalischer Dramatik. Indem die Begebenheiten vor Ort genutzt wurden, entstand aus dieser unverkennbaren Stimmdarbietung ein künstlerisches Meisterwerk von ungebremster Wildheit und Klarheit, das mit einer Vielzahl von Musikinstrumenten und elektronischen Klängen harmonisierte; ein wahrlich einzigartiger Stil, der das Publikum in seinen Bann zog und begeisterte.
Die dunklere Seite der nordischen Musik wurde von der schwedischen Elektro-Künstlerin TMRW repräsentiert, die mit dröhnendem Bass und überirdisch anmutenden Tönen inmitten einer visuell stimulierenden Licht- und Nebelshow die Menge faszinierte. Das Gesicht hinter einem Schutzvisier verborgen, verkörperte sie die übermächtigen Machenschaften eines außerirdischen Wesens, das in eine sonderbare, jenseitige Dimension teleportiert worden war.
Währenddessen gab die isländische Band Reykjavíkurdætur einen eindrucksvollen Einblick in das Wirken von Frauen in der Hip-Hop-Szene, indem sie mit knallharten Songtexten Politik, Feminismus, sexuellen Missbrauch und Gleichberechtigung thematisierte. Die reine Frauenband schockte das Publikum mit ihrer Beschreibung der Frauenfeindlichkeit in der Hip-Hop-Szene der modernen westlichen Welt und konfrontierte die Zuhörer mit feministischer Power und einem energischen Aufschrei gegen die allzu häufige Sexualisierung bestimmter Themen durch die Gesellschaft.
Ein interessanter Gegenpol zu diesem Auftritt war die Commonwealth Hip-Hop Collab, ins Leben gerufen vom grönländischen Produzenten Uyarakq und von Tue Track von Malk De Koijn, der dänischen Hip-Hop-Band der alten Schule. Diese Zusammenstellung vereinte grönländischen Rap mit dänischem Hip-Hop in einer äußerst realen Auseinandersetzung mit der manchmal gespannten kulturellen Beziehung zwischen den beiden Ländern.
Die spirituelle Seite der finnischen Musikgeschichte wurde von Maari Kallberg und Ilona Korhonen repräsentiert. Sie besangen die traditionellen Erzählungen der Kalevala – der karelischen und finnischen mündlich überlieferten Mythologie – in Form von Folk-Liedern und Runengesang. Außerdem konnte das Festival mit einer metaphysischen musikalischen Darbietung, präsentiert von Finn Tuomas Rounakari glänzen, der seine rein akustische Performance, Shamanviolin, zum Besten gab. Durch den Einsatz individuell abgewandelter Stimm- und Spieltechniken auf einer traditionellen Violine schien Rounakari sein innerstes Wesen nach außen zu kehren und mit seinem Publikum zu verschmelzen.
Angesichts einer solchen Bandbreite an vielfältigen Talenten lässt sich zweifellos sagen, dass das Nuuk Nordisk Kulturfestival mit keinem anderen Musikfestival auf der Welt vergleichbar ist. Der Schwerpunkt wird hier deutlich auf ausdrucksstarke Botschaften gelegt; Botschaften mit Bezug auf die nordische Kultur selbst, die auf unausgesprochene Weise von den Menschen geformt und definiert wurde. Das Festival bietet den Bewohnern des Nordens eine Möglichkeit, ihre reiche Geschichte zu ergründen, die Vielfalt zu fördern und auf eine Zukunft in Einigkeit hinzuarbeiten. Das Nuuk Nordisk Kulturfestival beweist uns, dass wir die unsichtbaren Schranken, die zwischen uns stehen, überwinden können, und dass es dafür kein besseres Mittel gibt als die Musik.