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Qooqqut liegt im Nuukfjord ein paar Stunden von der Hauptstadt Nuuk entfernt und lädt zu einem Wochenendausflug ein.
Gute Musik unter freiem Himmel ist pure Harmonie – besonders in der Umgebung, welche einige der Noten ursprünglich inspirierte. Als die legendäre Rockband Sumé 1974 auf ihre erste Tour in Grönland ging, spielte sie ganz bewusst vor natürlicher Kulisse. Schneebedeckte Berggipfel, steile Hänge, die gerade in Herbstfarben getönt wurden, und verstärkte Rhythmen vereinigten sich und erweckten das ganze Tal zum Leben.
Das Qooqqut Festival ist namentlich ein Musikfestival, aber es feiert auch die Familie, das Zusammenkommen, den Aufenthalt in der Natur und dass man zur Ruhe kommt, um die guten Dinge des Lebens wertzuschätzen.
Auf music.greenland.com finden Sie weitere Informationen und Hörproben grönländischer Musik.
Als die legendäre Rockband Sumé 1974 auf ihre erste Tour in Grönland ging, spielte sie ganz bewusst vor natürlicher Kulisse.
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Schon die Anreise zum Qooqqut Festival war ein großes Vergnügen und anders als bei anderen Konzerten, die ich weltweit besucht habe und wo ich einen Buscharter genommen habe oder auch selbst gefahren bin. Dieses Mal kam ich auf die aufregendste Art dorthin – nämlich mit der Fähre Sarfaq Ittuk, die gelegentlich von ihrer Küstenroute abweicht, wenn ein besonderes Event ansteht.
Es war ein wenig wie der erste Sommer im Feriencamp, als wir am Freitagabend zum Atlantikhafen kamen, wo wir an Bord der Fähre gingen. Man freute sich schon so auf seine Kabine oder Koje, fragte sich in welchem Raum man sein würde und wer nebenan schlief. Wir warteten neben aufgeregten Familien, bis wir dran waren. Auch einige der angekündigten Musiker standen da und wir fanden es sehr erfrischend, sie in der gleichen Reihe wie ihr Publikum warten zu sehen. Kein roter Teppich hier, alle werden gleich behandelt!
Nachdem ich meinen Rucksack auf dem Bett abgestellt hatte, gingen wir gleich ins Café, um uns einen guten Platz zu sichern. Mir war zu Ohren gekommen, dass es dort Lammsuppe und eine besondere Performance zum Start des musikalischen Wochenendes geben sollte.
Und sofort fühlte ich mich als Teil etwas sehr Besonderem. Durch das Café schallten Gelächter und viele Stimmen, Menschen fielen sich zur Begrüßung um den Hals und Malbücher lagen offen auf jedem Tisch. Dida & The Foxy Ladies eröffneten mit einem Cover von Nancy Sinatras „These Boots Are Made for Walkin’”, als die Sarfaq Ittuk ablegte, und alle 239 Mitreisenden sangen. So segelten wir in die Nacht hinein.
Natürlich hatte nicht jeder die Fähre genommen, wie wir bemerkten, als wir am Festivaltag vor Anker im Fjord bei Qooqqut erwachten. Durch müde, halbgeöffnete Augen und ein beschlagenes Fenster sah ich etwas, von dem ich glaubte, dass es kleine Eisberge im Meer wären.
Erst als ein höherer Mast in mein Blickfeld geriet, kapierte ich, dass es keine Eisberge, sondern Boote waren, die seit der letzten Nacht im Fjord vor Anker lagen. Dann erspähte ich die Zelte auf dem Hügel, die einen Campingplatz formierten. Ich konnte es gar nicht erwarten, an Land zu gehen.
Der Übergang von der Fähre aufs Festivalgelände geschah wie das Abfeuern einer Konfettikanone. Menschen verstreuten sich über das gesamte Gelände – einige marschierten direkt zur Musik und den Workshops, während andere zunächst in der Campingzone ihre Zelte aufbauten. Und einige Leute zogen auch los, um gleich mal ein paar Beeren zu pflücken. So begann also die Show.
Beim Qooqqut Festival ist die Freiheit das Allerbeste. Es gibt keine Regeln, was man wann tun sollte und da das Handynetz dort nicht funktioniert, hat man alle Zeit der Welt, einfach nur die wunderschöne Natur und die Gemeinschaft zu genießen.
Kinder liefen überall herum und spielten Fußball. Sie mussten vor absolut nichts Angst haben. Den ganzen Tag über rotierten wir völlig entspannt zwischen den Bandauftritten von u.a. Kimmernaq oder Resirkulert aus Norwegen, besuchten Workshop-Zelte um Kehllaute oder Maltechniken auszuprobieren, picknickten, tranken im Restaurant Qooqqut Nuan einen Kaffee und beobachteten einfach die Leute auf dem Gelände.
Als die Sonne unterging und die Abendluft abkühlte, kehrten wir zurück zur Sarfaq Ittuk, um eine weitere Nacht an Bord zu verbringen. Vom Oberdeck aus hatten wir sogar Ausblick auf zwei unterschiedliche Lichtshows, die sich uns darboten, bevor wir ablegten.
Im Spätsommer beginnt die Zeit, in welcher man die Rückkehr der Nordlichter feiern kann. An diesem besonderen Abend tanzten sie glücklich am klaren Himmel.
Vom Erdboden aus gesellten sich Flammenwerfer und Scheinwerfer dazu, welche eine farbenfrohe Show auf die Bergkulisse projizierten.
Eisberge stießen sich am Rumpf der Fähre ab, knackten und knisterten, wenn sie auf die scharfen Kanten des Gegenübers trafen. Einzelne Sonnenstrahlen linsten über den Berg in genau dem Moment, als ich am Sonntagmorgen das Außendeck betrat. Die Furchen des Narsap Sermia Gletschers gerieten so in einen klareren Fokus, als wir das erwartet hätten.
Diese Mal waren es nicht meine Augen, die mir einen Streich spielten. Mitten im eisgefüllten Nuukfjord aufzuwachen, war beeindruckend! Eine solch sinnliche Erfahrung direkt zum Aufstehen macht Kaffee überflüssig.