Borgen – Gefährliche Seilschaften kommt nach Grönland
Borgen – Macht und Ruhm
Der Grönlandwal kann nicht nur damit angeben, in der 4. Staffel von Borgen – Gefährliche Seilschaften mitzuspielen. Er ist außerdem auch noch der bestgepolsterte Bartenwal der Welt und war bereits vom Aussterben bedroht. Aufgrund des Rückgangs des kommerziellen Walfangs und der günstigen Lebensbedingungen um Grönland hat er sich aber auf einen arterhaltenden Bestand zurückgekämpft. In vielerlei Hinsicht ist er damit ein wahrer Walkämpfer.
Borgen – Macht und Ruhm
Solltet ihr die Anfangsszene der neuen Staffel von Borgen – Macht und Ruhm gesehen haben, dann ist euch bestimmt auch der Wal aufgefallen, ein Grönlandwal, mit dessen Zerlegen die Szene beginnt. Walfang hat in Grönland eine uralte Tradition und ist fest in der einheimischen Fängerkultur verankert. Mit der Landung eines Wals versammelt sich die Gemeinschaft, Fänger und Bewohner der Siedlung treffen zusammen, wie es die Szene in Borgen zeigt. Walfleisch ist für die Inuit in Grönland immer eine zentrale Nahrungsquelle gewesen, ohne dass es die Jagd der Einheimischen war, welche die Bestände gefährdete. In Grönland ist es den einheimischen Fängern seit 2008 genehmigt, zwei Individuen pro Jahr zu jagen, wobei es aber keine große Tradition für den Verzehr des Grönlandwals gibt. Deshalb wird die jährliche Fangquote häufig aufs nächste Jahr übertragen. Grönlandwale schmecken nicht so gut wie andere Walarten, wie z.B. Minkwale, Finnwale oder Buckelwale, die häufiger in der lokalen Speisekultur aufzufinden sind. Als Hundefutter für die Schlittenhunde ist das Fleisch aber von Bedeutung.
Warum werden in Grönland Wale gejagt – sind sie essbar?
Die Inuitkulturen in Grönland waren seit den ersten Einwanderungen via Thule vor 4.000 bis 5.000 Jahren von den natürlichen Ressourcen in Form von Fisch, Vögeln, Land- und Meeressäugetieren abhängig. Historisch haben Meeressäugetiere daher eine zentrale Rolle in der Ernährungsweise gespielt, da es sich um die Bevölkerung in einem Land handelt, dessen Boden nur sehr begrenzt für Landwirtschaft genutzt werden kann.
Werden Walprodukte heutzutage verwendet?
Die für die Landwirtschaft geeigneten Flächen sind in Grönland nicht größer geworden und die meisten Nahrungsmittel werden weiterhin via Schiff importiert. Deshalb bleiben die einheimischen Nahrungsquellen, zu denen das Walfleisch zählt, weiterhin zentrale und beliebte Teile der Esskultur in Grönland.
Welche Produkte werden aus Wal hergestellt?
Die Inuitkulturen schafften es über viele Generationen hinweg, einzigartige Produkte aus Materialien wie u.a. ihren Beutetieren herzustellen und diese weiterzuentwickeln. Dazu zählen das Kajak, Ulo (Frauenmesser), Umiaq (Frauenboot), Specksteinlampe, Harpune und Vogelspeer sowie Fell- und Lederkleidung von hoher Qualität. Dafür werden Teile des Wales wie seine massigen Knochen, die langen Kieferknochen, Barten und der Speck verwendet, der in den Specksteinlampen als Licht verbrannt wird oder als Wärmequelle in Zelten und Torfhütten dient.
Geht man in Grönland weiterhin auf die Jagd?
Bis zum heutigen Tag fangen viele Kinder weiterhin ihr erstes Schneehuhn oder ihre erste Robbe, wenn sie erst im jüngeren Schulalter sind. Der erste eigene Fang ist eine große Angelegenheit und wird ähnlich wie ein Geburtstag gefeiert. Dazu werden dann Nachbarn und Familie zu einem Kaffemik (dem traditionellen Zusammensein im grönländischen Zuhause) eingeladen. Die Jagd auf die größeren Wale wie z.B. Buckelwal, Minkwal oder Finnwal ist ausschließlich den Berufsjägern mit entsprechender Lizenz vorbehalten. Sie verkaufen das Fleisch anschließend weiter. Alle diese drei Walarten sind in Grönland weiterhin als Speisen sehr beliebt.
Wirkt sich der Klimawandel auf den Walfang aus?
Das Eisfischen in Nordgrönland unterliegt stark den Auswirkungen der Klimaveränderungen, die bereits zu kürzeren Eisperioden, einer deutlichen Verdünnung des Eises oder sogar dem Ausbleiben des Eises im Winter und zu viel unbeständigerem Wetter geführt haben. Dies führt zu neuen Herausforderungen der Fänger und verändertem Verhalten auf dem Eis, beim Eisfischen, Robbenfang und auch beim Walfang.
Der Grönlandwal ist der einzige in Grönland überwinternde Bartenwal und muss dafür ganz schön stark sein. Er ist nicht besonders lang, aber gut gepolstert. Tatsächlich trägt er mit bis zu 50-60 cm die dickste Speckschicht der Welt um sich. Ziemlich beeindruckend ist das und es braucht eine große Menge an Krebstieren zwischen seinen Barten, um eine solche Speckschicht aufzubauen – faktisch 3-4 Tonnen Schalentiere pro Tag. Und die dicke Speckschicht ist unentbehrlich, da sie gewährleistet, dass sich der Wal das ganze Jahr über in der eiskalten grönländischen See warmhalten kann.
Die besonders kompakte Gestalt des Grönlandwals mit dem unglaublich großen und massigen Kopf ist nützlich für einen, der sein Leben im Gebiet voller Meereis verbringt. Nach maximal einer Stunde unter Wasser kann er sich mit seinem Körper durch bis zu 1 Meter dickes Meereis stoßen. Und er ist bei weitem nicht nur stark, sondern kann auch weit über 100 Jahre alt werden. Das Rekordalter eines Individuums wurde auf 211 Jahre bestimmt, womit er die älteste Säugetierart der Welt repräsentiert.
Gleichzeitig war es aber auch diese dicke Speckschicht, die den Grönlandwal an den Rand des Aussterbens gebracht hatte. Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er in den grönländischen Gewässern der am meisten begehrte Wal im kommerziellen Walfang. Die dicke Speckschicht jedes gefangenen Individuums sicherte einen hohen Ertrag, sie wurde zerkleinert und dann ausgekocht. Danach wurde das sogenannte Polar- oder Fischöl aus Grönland ausgeschifft und als Lampenöl in Straßenlaternen verwendet. Damit sicherte der Grönlandwal ein paar hundert Jahre lang die Beleuchtung in europäischen Straßen, was aber den Bestand der Tiere in Grönland massiv gefährdete.
1938 wurde er als weltweit erste große Wildtierart unter Schutz gestellt und seit den 1990er-Jahren kann man beobachten, wie der grönländische Bestand wieder zunimmt. In Westgrönland findet man ihn von Sisimiut aufwärts in Richtung Norden bis ins Nordmeer bei Qaanaaq vor. Besonders in der Diskobucht versammeln sich viele Wale zur Nahrungssuche, da es in der Gegend um das UNESCO-Welterbe Ilulissat-Eisfjord günstige Nahrungsquellen gibt. Es sind die großen Mengen an Eisschollen und Eisbergen in der Diskobucht, die vom schnellsten Gletscher der Welt, dem Sermeq Kujalleq (Ilulissat-Gletscher), kalben und die viele Nährstoffe an das Meerwasser abgeben und die hohe Dichte an Zooplankton sichern. In Ostgrönland gibt es zusätzlich eine kleinere Population an Grönlandwalen.
Grund für die nun wieder steigenden Bestände der Grönlandwale ist die nun festgesetzte jährliche Quote von 2 Individuen in Grönland, die im Zeitraum zwischen dem 1. März und 31. Dezember gejagt werden darf. Diese Quote darf ausschließlich von grönländischen Fängern ausgeschöpft werden und gilt in erster Linie für registrierte Schiffe, die in der Diskobucht beheimatet sind. Seit über 20 Jahren teilen die Fänger aus der Diskobucht darüber hinaus ihr umfangreiches Wissen über die Gewässer und die starken Lebewesen darinnen. Sie helfen in der sogenannten Forscher-Fänger-Zusammenarbeit der Wissenschaft dabei, Grönlandwale zu markieren, um mehr über die Verbreitung und Lebensweise der Wale zu erfahren. Die heutige Jagd auf den Grönlandwal ist daher nicht mehr in größerem Sinne kommerziell. Sie entspricht vielmehr einem kulturellen Walfang nach traditionellen Methoden.
Weitere Informationen zu Walfangquoten in Grönland findet ihr hier
Artikel von Hlif Ivy Linnetved